"NC" und die reine Lehre

[Ein Gastbeitrag von Dr. Wolfgang Both, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung, Berlin]

Mit dem Start von GovData ist im Netz eine heftige Diskussion darüber ausgebrochen, was eigentlich die reine Lehre von offenen Daten fordert. Sie entzündete sich an der neuen „Datenlizenz Deutschland“, die in einer Variante auch die Einschränkung kommerzieller Nutzung enthält (wie übrigens andere Lizenzmodelle auch). Es wurde die Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die deutsche Verwaltung nun in Fortführung von Amtverschwiegenheit und geschlossener Aktenführung grundsätzlich die Non-Commercial-Version wählen würde, um von der gepflegten Praxis nicht abweichen zu müssen.

Die Diskussion ist erlahmt und hat sich als unbegründet erwiesen. Von den mehr als 3.300 Datensätzen sind 662 (20 %) mit einer eingeschränkten Lizenz versehen (08.07.2013). Dies betrifft vor allem Geodaten, deren Abgabe heute noch Gebührenordnungen unterliegt. Zwar ist auf Bundesebene mit der Geonutzungsverordnung die Abgabe bereits kostenlos, aber auf Länder- und kommunaler Ebene muss diese Neuregelung jeweils noch eingeführt werden. Bei der Haushaltslage von Ländern und Kommunen ein schwieriger Schritt. Berlin hat diesen für das zweite Halbjahr angekündigt.

Denn auch das Land Berlin stellt einige Datensätze mit Einschränkung bei der Weiterverwendung bereit. Ich möchte die Einschränkungen anhand einiger Fälle erläutern. Im Vordergrund steht unser Wille zur Informationsbereitstellung. Soweit möglich, sollen die Daten umfassend angeboten werden. Dabei berühren wir in einigen Fällen den Datenschutz. So sind die Straßenverzeichnisse des Bezirks Lichtenberg (Verzeichnis der Stadtplanung, Verzeichnis der Bau- und Wohnungsaufsicht) um die jeweiligen Sachbearbeiter der Straßenabschnitte ergänzt. Bauherren oder Gewerbetreibende können sich ihren Ansprechpartner direkt ohne umständliche Anfrage beim Tiefbauamt heraussuchen. Eine Kommerzialisierung dieser umfassenden Information über das Straßenverzeichnis hinaus haben wir aber eingeschränkt.

Ein anderes Beispiel sind die „20 Hauptwanderwege“ durch Berlin. Die GPS-Erfassung der Routen wurde durch den Berliner Wanderverband e.V. geleistet. Über einen Partnerschaftsvertrag ist dieser Datenbestand zur privaten Nutzung auch bei uns verfügbar. Aber die kommerzielle Verwertung behält sich weiterhin der Wanderverein vor. Dies wollen wir respektieren und haben den Datensatz so ausgezeichnet.

Diese Beispiele, wie die NC-Bebauungspläne zeigen, dass es den Städten mit der Informationsbereitstellung ernst ist. Dabei kann es gelegentlich zu Einschränkungen kommen. Aber die Idee von Transparenz und Offenheit wird dadurch nicht verraten.

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Vielen Dank für den Beitrag, den ich leider erst heute gesehen habe.

Ich möchte dennoch widersprechen: Die Diskussion hat sich nicht als unbegründet erwiesen und die Sorge "dass die deutsche Verwaltung nun in Fortführung von Amtverschwiegenheit und geschlossener Aktenführung grundsätzlich die Non-Commercial-Version wählen würde" war nur eine Sorge von vielen. Im Rahmen von not-your-govdata.de wurde folgendes gefordert:

1. Datensätze als offene Daten (im Sinne der 10 Prinzipen für offene Daten) zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant, relevant und tatsächlich nachnutzbar sind;
2. Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und offenen Lizenzen (gemäß Open Definition: Die Datenlizenz Deutschland ist mit der Opendefinition nicht konform) sowie die Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte Nutzungsbedingungen;
3. Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten Ausnahmefällen zuzulassen;
4. Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit;
5. Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten Daten prioritär zu veröffentlichen und von der pro-forma-Veröffentlichung von “Schnarchdaten” abzusehen;
6. Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten;
7. Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von Daten erteilen kann.

Ich freue mich sehr über die positive Schritte von govdata.de und ich bin mir sicher, dass alle beteiligten an dieser Entwicklung gemeinsam weiterarbeiten wollen. Dennoch die genannten Sorgen bleiben weiter begründet und haben sich bisher auch bewahrheitet, andere nicht eben weil die Sorgen offen kommuniziert wurden.

Christian Heise